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Guyana als Auswanderungsland

Gelesen auf Auswärtiges Amt Webseite:

Achtung! Durch Covid 19 könnte sich einiges geändert haben. Bevor Sie Maßnahmen zur Auswanderung ergreifen, informieren Sie sich bitte näher im Internet.

Innenpolitische Lage

Es kann zu insbesondere im Hinblick auf Wahlen zu politischen Kundgebungen, Protesten und Demonstrationen kommen. Diese können zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und Straßenblockaden führen.

Informieren Sie sich über die lokalen Medien.

Meiden Sie politische Versammlungen und Demonstrationen weiträumig.

Folgen Sie den Anweisungen lokaler Sicherheitskräfte.

Kriminalität

Gewaltkriminalität ist weit verbreitet und führte vor allem in Georgtown, auf der Straße nach New Amsterdam, entlang der „Eastcoast of Demerara“, in der Gegend von Buxton, Friendship und Annandale sowie auf der Strecke zwischen Timehri (internationaler Flughafen) und Linden der Vergangenheit zu Fällen von „Car Jacking“, bewaffneten Raubüberfällen und Schießereien mit oft tödlichem Ausgang.

Auch Kleinkriminalität wie Taschendiebstahl und Handtaschenraub sowie Autoeinbrüche kommen regelmäßig vor.

Raubüberfälle auf ankernde oder sich in Küstennähe befindende Schiffe bzw. Fälle von Piraterie in der Ostkaribik kommen sporadisch vor, auch wenn vor Guyana bisher hauptsächlich Fischerboote betroffen sind.

Lassen Sie größtmögliche Vorsicht walten bei Spaziergängen in wenig belebten Vierteln, bzw. Parks größerer Städte oder Siedlungen und vermeiden sie unter allen Umständen nach Einbruch der Dunkelheit noch unterwegs zu sein.

Seien Sie in größeren Menschenmengen wie an Flughäfen, an Busbahnhöfen, auf Märkten, öffentlichen Verkehrsmitteln und Bars besonders aufmerksam und verzichten Sie auf Schmuck oder andere Wertsachen.

Seien sie aufmerksam, dass niemand Ihnen nach dem Abheben von Bargeld auf einer Bank folgt.

Bewahren Sie Geld, Ausweise, Führerschein, Flugscheine und andere wichtigen Dokumente sicher auf.

Bevorzugen Sie bargeldlose Zahlungen und nehmen Sie nur das für den Tag benötigte Bargeld mit.

Halten Sie Autotüren während der Fahrt immer versperrt und die Fenster geschlossen.

Nutzen Sie möglichst nur Hauptstraßen und keine Nebenstraßen.

Vermeiden Sie Tankstellenbesuche nach Einbruch der Dunkelheit.

Nehmen Sie keine Anhalter mit und reisen Sie nicht selbst als Anhalter.

Achten Sie während der Reise sorgfältigst auf Ihr Reisegepäck und lassen sie es unter keinen Umständen aus den Augen.

Denken Sie als Segler an Vorsichtsmaßnahmen und Eigensicherung bei Nacht, insbesondere mit spontanen Gästen an Bord.

Seien Sie bei ungewohnten E-Mails, Gewinnmitteilungen, Angeboten und Hilfsersuchen angeblicher Bekannter skeptisch. Teilen Sie keine Daten von sich mit, sondern vergewissern Sie sich ggf. persönlich oder wenden Sie sich an die Polizei.

Naturkatastrophen

Erdbeben

Guyana liegt in einer seismisch aktiven Zone, weshalb es zu Erdbeben kommen kann.

Überschwemmungen

In den Regenzeiten von Mai bis Juli und von November bis Januar kommt es regelmäßig zu schweren Überschwemmungen in bestimmten Küstengebieten.

Machen Sie sich mit Verhaltenshinweisen bei Erdbeben vertraut. Diese bieten die Merkblätter des Deutschen GeoForschungsZentrums.

Beachten Sie stets Verbote, Hinweisschilder und Warnungen sowie die Anweisungen lokaler Behörden.

Reiseinfos

Zuständige Auslandsvertretung

In Guyana gibt es keine berufskonsularische deutsche Vertretung. Zuständig für Guyana ist die deutsche Botschaft in Port-of-Spain, Trinidad und Tobago. In Notfällen kann der deutsche Honorarkonsul in Georgetown kontaktiert werden.

Infrastruktur/Verkehr

Die touristische Infrastruktur befindet sich noch im Aufbau.

Reisen in das Landesinnere werden in der Regel vom Eugene F. Correia International Airport aus mit ein- oder zweimotorigen Flugzeugen durchgeführt.

Es herrscht Linksverkehr. Das Straßennetz ist nur teilweise ausgebaut, die meisten Straßen sind zweispurig, eng und zum Teil kurvenreich. Wegen vieler Sandstraßen, Schlaglöcher, herumstreunender Tiere sowie unorthodoxer Fahrweise besteht im Straßenverkehr eine hohe Unfallgefahr.

Fahren Sie stets vorsichtig und defensiv.

Es ist dringend zu empfehlen, ca. zwei Stunden vor dem planmäßigen Abflug am Flughafen einzuchecken, um sicherzugehen, dass die eigene Reservierung nicht wegen einer evtl. Überbuchung gestrichen wird.

Führerschein

Das Fahren eines Kfz ist nur mit einem lokalen Führerschein gestattet, der gegen Vorlage des deutschen oder Internationalen Führerscheins erworben werden kann.

LGBTIQ

Homosexuelle Handlungen sind zwar strafbar, es sind jedoch keine Fälle bekannt, bei denen es zu einer strafrechtlichen Verfolgung gekommen ist

Beachten Sie die allgemeinen Hinweise für LGBTIQ.

Strafrecht

Drogenkonsum und -handel, auch in geringsten Mengen, werden von den Polizeibehörden strengstens verfolgt; man darf keinesfalls davon ausgehen, dass Ausländer von einer Strafverfolgung verschont werden. Bei Verstößen gegen die Drogengesetzgebung werden hohe Geld- und Gefängnisstrafen verhängt; eine Freilassung gegen Kaution ist in der Regel nicht möglich.

Lassen Sie Ihr Gepäck nie unbeaufsichtigt und befördern Sie keine Pakete für Fremde.

Geld/Kreditkarten

Landeswährung ist der Guyana-Dollar (GYD). US-Dollar können in Hotels, Wechselstuben und in den meisten Banken getauscht werden.
Zahlung per Kreditkarte (z.B. Mastercard, Visa) ist zumindest in der Hauptstadt in den größeren Hotels, Restaurants, Reisebüros und einigen Geschäften möglich.
In Abhängigkeit vom aufstellenden Kreditinstitut akzeptieren nicht alle Geldautomaten gängige Kredit- oder Bankkarten.

Einreise und Zoll

Einreise- und Einfuhrbestimmungen für deutsche Staatsangehörige können sich kurzfristig ändern, ohne dass das Auswärtige Amt hiervon vorher unterrichtet wird. Rechtsverbindliche Informationen und/oder über diese Hinweise hinausgehende Informationen zu den Einreise- und Zollbestimmungen zur Einfuhr von Waren erhalten Sie nur direkt bei den Vertretungen Ihres Ziellandes.
Die Zollbestimmungen für Deutschland können Sie auf der Webseite des deutschen Zolls  und per App „Zoll und Reise“ finden oder dort telefonisch erfragen.

Reisedokumente

Die Einreise ist für deutsche Staatsangehörige mit folgenden Dokumenten möglich:

Reisepass: Ja

Vorläufiger Reisepass: Ja

Personalausweis: Nein

Vorläufiger Personalausweis: Nein

Kinderreisepass: Ja

Anmerkungen/Mindestrestgültigkeit:
Reisedokumente müssen sechs Monate über die Reise hinaus gültig sein.

Die Anforderungen einzelner Fluggesellschaften an die von ihren Passagieren mitzuführenden Dokumente weichen zum Teil von den staatlichen Regelungen ab.

Bitte erkundigen Sie sich ggf. vor Reiseantritt bei Ihrer Fluggesellschaft.

Visum

Für die Einreise nach Guyana und einer Aufenthaltsdauer von bis zu 90 Tagen benötigen deutsche Staatsangehörige kein Visum. Flugreisende sollten im Besitz eines Weiter- oder Rückflugtickets sein.

Ausreisesteuer

Die bisher bei der Ausreise fällige Flughafensteuer ist in der Regel seit 2017 im Ticketpreis inbegriffen.

Minderjährige

Alleinreisende Minderjährige sollten eine amtlich beglaubigte Einverständniserklärung der Sorgeberechtigten mitführen.

Beachten Sie ggf. die Hinweise für eine Einverständniserklärung für Minderjährige.

Ein- und Ausreise über die USA

Für Ein- und Ausreise über die USA beachten Sie die Einreisebestimmungen für die USA.

Einfuhrbestimmungen

Die Einfuhr von Fremdwährungen ist unbegrenzt erlaubt, jedoch deklarationspflichtig.

Die Einfuhr von Waffen (auch Schreckschusspistolen, Taucher- und Bootssignalpistolen) ist nur mit besonderer Einfuhrgenehmigung erlaubt.

Gegenstände für den persönlichen Bedarf können zollfrei eingeführt werden.

Gesundheit

Aktuelles

Die WHO hat im Januar 2019 das Verzögern oder Auslassen von Impfungen zur Bedrohung der globalen Gesundheit erklärt. Insbesondere der fehlende Impfschutz gegen Masern birgt bei international steigenden Fallzahlen ein hohes Risiko.

Überprüfen Sie im Rahmen der Reisevorbereitung Ihren sowie den Impfschutz Ihrer Kinder gegen Masern und lassen diesen ggf. ergänzen.

Impfschutz

Für die direkte Einreise aus Deutschland sind keine Pflichtimpfungen vorgeschrieben. Bei Einreise aus einem Gelbfiebergebiet ist eine Gelbfieberimpfung nachzuweisen außerdem kann ein Gelbfieber-Impfnachweis bei anschließender Weiterreise in manche Drittländer verlangt werden, da Guyana selbst zu den Gelbfiebergebieten zählt.

Es wird dringend zu einer Gelbfieberimpfung vor der Einreise nach Guyana geraten.

Achten Sie darauf, dass sich bei Ihnen und Ihren Kindern die Standardimpfungen gemäß Impfkalender des Robert-Koch-Instituts auf dem aktuellen Stand befinden.

Als Reiseimpfungen werden Impfungen gegen Hepatitis A, bei Langzeitaufenthalt oder besonderer Exposition auch gegen Hepatitis B, Typhus und Tollwut empfohlen.

Aktuelle, detaillierte Reiseimpfempfehlungen für Fachkreise bietet die DTG.

Zika-Virus-Infektion

Die vorrangig durch tagaktive Aedes-Mücken übertragene Infektion mit Zika-Viren kann in der Schwangerschaft zu Fehlbildungen beim Kind führen sowie neurologische Komplikationen beim Erwachsenen hervorrufen.

Beachten Sie für Ihre Reise die Empfehlungen im Merkblatt Zika-Virus-Infektion.

Dengue-Fieber

Dengue-Viren werden landesweit durch tagaktive Aedes-Mücken übertragen. Die Erkrankung geht in der Regel mit Fieber, Hautausschlag sowie ausgeprägten Gliederschmerzen einher und betrifft zunehmend auch Reisende. In seltenen Fällen treten insbesondere bei Kindern schwerwiegende Komplikationen inkl. möglicher Todesfolge auf. Insgesamt sind Komplikationen bei Reisenden jedoch selten. Es existiert weder eine Impfung bzw. Chemoprophylaxe noch eine spezifische Therapie gegen Dengue-Fieber, siehe Merkblatt Dengue-Fieber.

Schützen Sie sich zur Vermeidung von Dengue-Fieber im Rahmen einer Expositionsprophylaxe insbesondere tagsüber konsequent vor Mückenstichen.

Chikungunya-Fieber

Chikungunya-Viren werden von tagaktiven Aedes-Mücken übertragen. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch hohes Fieber und unter Umständen länger anhaltenden Gelenk- und Muskelschmerzen. Die Beschwerden können oft nicht eindeutig von anderen durch Mücken übertragenen Erkrankungen unterschieden werden. Chikungunya-Fieber heilt nicht immer folgenlos aus, selten kommt es zu lang anhaltenden rheuma-ähnlichen Beschwerden. Es existiert weder eine Impfung bzw. Chemoprophylaxe noch eine spezifische Therapie, siehe Merkblatt Chikungunya-Fieber.

Schützen Sie sich zur Vermeidung von Chikungunya-Fieber im Rahmen einer Expositionsprophylaxe insbesondere tagsüber konsequent vor Mückenstichen.

Malaria

Malaria wird durch dämmerungs- und nachtaktive Anopheles-Mücken übertragen. Unbehandelt verläuft insbesondere die gefährliche Malaria tropica bei nicht-immunen Europäern häufig tödlich. Die Erkrankung kann noch Wochen bis Monate nach Aufenthalt im Risikogebiet ausbrechen, siehe Merkblatt Malaria.

Stellen Sie sich beim Auftreten von Fieber während oder auch noch Monate nach einer entsprechenden Reise schnellstmöglich beim Arzt vor und weisen Sie ihn auf den Aufenthalt in einem Malariagebiet hin.

Es besteht ganzjährig ein hohes Übertragungsrisiko im ganzen Land, außer an der Küste (dort geringes Risiko). Als malariafrei gelten Georgetown und New Amsterdam.
Schützen Sie sich zur Vermeidung von Malaria im Rahmen einer Expositionsprophylaxe konsequent vor Insektenstichen. Speziell sollten Sie auf folgende Punkte achten:

Tragen Sie körperbedeckende, helle Kleidung (lange Hosen, lange Hemden).

Applizieren Sie wiederholt Insektenschutzmittel auf alle freien Körperstellen, tagsüber (Dengue) sowie in den Abendstunden und nachts (Malaria).

Schlafen Sie ggf. unter einem imprägnierten Moskitonetz. 

Je nach Reiseprofil ist neben der notwendigen Expositionsprophylaxe zudem eine Chemoprophylaxe (Tabletteneinnahme) sinnvoll. Hierfür sind verschiedene verschreibungspflichtige Medikamente (z. B. Atovaquon-Proguanil, Doxycyclin, Mefloquin) auf dem deutschen Markt erhältlich.

Besprechen Sie die Auswahl der Medikamente und deren persönliche Anpassung sowie Nebenwirkungen bzw. Unverträglichkeiten mit anderen Medikamenten vor der Einnahme mit einem Tropenmediziner oder Reisemediziner.

Die Mitnahme eines ausreichenden Vorrats wird empfohlen.

HIV/AIDS

Durch sexuelle Kontakte, bei Drogengebrauch (unsaubere Spritzen oder Kanülen) und Bluttransfusionen besteht grundsätzlich ein hohes HIV-Übertragungsrisiko.

Verwenden Sie stets Kondome, insbesondere bei Gelegenheitsbekanntschaften.

Durchfallerkrankungen

Bei Durchfallerkrankungen handelt es sich um häufige Reiseerkrankungen, siehe Merkblatt Durchfallerkrankungen. Durch eine entsprechende Lebensmittel- und Trinkwasserhygiene lassen sich die meisten Durchfallerkrankungen jedoch vermeiden. Zum Schutz Ihrer Gesundheit beachten Sie daher folgende grundlegende Hinweise:

Trinken Sie ausschließlich Wasser sicheren Ursprungs, nie Leitungswasser. Durch Kauf von Flaschenwasser mit Kohlensäure kann eine bereits zuvor geöffnete Flasche leichter identifiziert werden.

Benutzen Sie unterwegs auch zum Geschirrspülen und Zähneputzen möglichst Trinkwasser.

Falls kein Flaschenwasser zur Verfügung steht, verwenden Sie gefiltertes, desinfiziertes oder abgekochtes Wasser.

Kochen oder schälen Sie Nahrungsmitteln selbst.

Halten Sie unbedingt Fliegen von Ihrer Verpflegung fern.

Waschen Sie sich so oft wie möglich mit Seife die Hände, stets jedoch vor der Essenszubereitung und vor dem Essen.

Wenn möglich, desinfizieren Sie Ihre Hände mit Flüssigdesinfektionsmittel.

Medizinische Versorgung

Das Angebot zur Gesundheits- und Notfallversorgung ist flächendeckend insbesondere in ländlichen Gebieten nicht mit westeuropäischen Standards vergleichbar.

Schließen Sie für die Dauer des Auslandsaufenthaltes eine Auslandsreise-Kranken- und Rückholversicherung ab. Ausführliche Informationen bietet die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland.

Nehmen Sie eine individuelle Reiseapotheke mit und schützen Sie diese unterwegs gegen hohe Temperaturen, siehe Merkblatt Reiseapotheke.

Lassen Sie sich vor einer Reise durch tropenmedizinische Beratungsstellen, Tropenmediziner oder Reisemediziner persönlich beraten und Ihren Impfschutz anpassen, auch wenn Sie aus anderen Regionen schon Tropenerfahrung haben. Entsprechende Ärzte finden Sie z. B. über die DTG.

Bitte beachten Sie neben dem generellen Haftungsausschluss: 

Alle Angaben sind zur Information medizinisch Vorgebildeter gedacht. Sie ersetzen nicht die Konsultation eines Arztes.

Die Empfehlungen sind auf die direkte Einreise aus Deutschland in ein Reiseland, insbes. bei längeren Aufenthalten vor Ort, zugeschnitten. Für kürzere Reisen, Einreisen aus Drittländern und Reisen in andere Gebiete des Landes können Abweichungen gelten.

Alle Angaben sind stets auch abhängig von den individuellen Verhältnissen des Reisenden und erfordern ggf. eine medizinische Beratung.

Die medizinischen Hinweise sind trotz größtmöglicher Bemühungen immer nur ein Beratungsangebot. Sie können weder alle medizinischen Aspekte abdecken, noch alle Zweifel beseitigen oder stets vollkommen aktuell sein. Für Ihre Gesundheit bleiben Sie selbst verantwortlich.

Gelesen auf Neues-Deutschland.de

Leben in Guyana: Krallen zeigen oder auswandern

Mindestens 300 000 Guyaner leben in den USA, Kanada, Großbritannien oder der Karibik Nur 750 000 sind in der Heimat geblieben – zu einem beachtlichen Teil zwangsweise Doch wer nur Schatten sieht in dem sonnigen Tropenland, tut ihm Unrecht

Von Ingolf Bruckner

03.06.2006

Lesedauer: 6 Min.

In der Pfanne brutzelt die Leber. Es ist kurz nach Mitternacht. Draußen, vor dem Schuppen, dem Stelzenhaus, im blauen Garten, steigen Leuchtkäfer auf. Überall raschelt und wispert es – das sind die Ratten, die Ochsenfrösche, die Geister der Toten, die aus ihren Sumpfverstecken kriechen. Saymore Ramrattan steckt sich eine im Zeitungsschnipsel gedrehte Zigarette an, atmet tief: Es war gar nicht einfach, das große gefrorene Stück Leber durchzuhacken. Es ging nicht mit dem Messer, es ging auch nicht mit dem Hammer, sondern erst mit der 18 Zoll langen Machete, die der 32-jährige Guyaner unter seiner Matratze aufbewahrt – gegen Einbrecher. Wir befinden uns sechs Fuß unterm Meeresspiegel, im Zentrum von Georgetown, der Hauptstadt des südamerikanischen Staates Guyana, nahe der Mündung des milchkaffeebraunen Demerara-Flusses in den milchkaffeebraunen Atlantischen Ozean. Vor 200 Jahren strich, wo heute schiefgewitterte Wracks ehemals schneeweißer viktorianischer Edelholzhäuser aus dem Schwemmland ragen, noch der Passat über schier endlose Zuckerrohrfelder, auf denen afrikanische Sklaven erst für Niederländer, dann für Engländer rackerten. Die niederländischen Kolonisten galten als besonders grausam. Darum verwundert es wenig zu hören, dass manche von ihnen noch an den von knorrigen Bäumen gesäumten dickflüssigen Kanälen, die einst ein ausgeklügeltes Entwässerungssystem bildeten, oder in den Obst- und Gemüsegärten der Städter ihren Spuk treiben. »Meiner ist lang und dünn; er kommt im Hinterhof zwischen den Kokospalmen und Feigenbananen hervor und geht ruhelos auf und ab. Er trägt einen Zylinder, aber das Schockierendste: Sein Gesicht ist weiß wie Kreide!« Das erzählte Rasa Singh. Irgendwann reichte es ihr. Sie ging zum Obeahman, dem Geisterbeschwörer, und folgte seinem Rat: Jährlich sprengte sie den Inhalt einer Flasche El-Dorado-Rum an die vier Pfosten ihres Hauses und verbrannte einige Zigarren. Und der Geist verschwand. Mittlerweile ist auch Rasa Singh weg – bei ihrer Tochter, in New York. Und alles, was die reife, in Kochkünsten sehr bewanderte Dame ihrem Hausmeister Saymore zurückgelassen hat, ist neben einem Fass Reis der Klumpen gefrorener Leber, der ihn nun schon eine Woche ernährt. Frau Singh ist nicht die einzige Guyanerin, die emigriert ist. Mindestens 300 000 ihrer Landsleute leben inzwischen in den USA, in Kanada, Großbritannien oder in der Karibik. Nur 750 000 sind in ihrer Heimat verblieben – zu einem beachtlichen Teil zwangsweise. Denn die Konsulate der potenziellen Einwanderungsländer tun sich schwer selbst bei der Vergabe von Touristenvisa. Das schreckt die Guyaner aber nicht: Sie erdenken immer neue Schleichwege, die aus dem Elend nach Norden, in die Wohlstandsgesellschaft führen. Und dann gibt es die, die es schon mal geschafft hatten. Georgetown ist voll von ihnen: den Deportierten. Man trifft sie an jeder Ecke, und man sieht ihnen die Bitterkeit von weitem an. Da ist der abgerissene Ingenieur mit kalifornischer Fahrerlaubnis, der ziellos auf dem Deich umherläuft und Hindus wie Muslime zu Jesus führen möchte. Da ist der schweigsame einstige Chicagoer Krankenhausmanager, der nur noch selten seine verrottende Holzbude verlässt – wenn er die monatliche Geldsendung seiner Verwandten abholt. Und da ist Saymore. Der hat schon ein Leben hinter sich, und was heute übrig ist von ihm, ist, scheint es manchmal, nur ein Phantom. Das Phantom wohnt in einem verwinkelten Schuppen an der Seite des Mietshauses, das nach wie vor der knallharten Geschäftsfrau Rasa Singh gehört, die mittlerweile eine Kammer in der Bronx bezogen hat und bei reichen US-Amerikanern die Fußböden wischt – gegen vergleichbar gute Bezahlung. Frau Singh war es, die Saymore vor Obdachlosigkeit bewahrte. »Ich weiß nicht, wie man Leber zubereitet«, sagt der, »ich weiß überhaupt nicht, wie man kocht.« Aber es zeigt sich: Wer Hunger hat, lernt schnell. Jedenfalls die Leber schmeckt. Und weil Mitternacht vorüber ist, zeigt Saymore Fotos von früher und erzählt aus Miami, Florida, wo seine Mutter wohnt, wo er drei niedliche Kinder hat und früher einen Chevrolet Century besaß – nebst einem guten Job in einer Autowerkstatt, einer hübschen Frau, einigen lässigen Sommeranzügen, Sonnenbrillen und dickem Goldschmuck. »Die Diskos in Miami waren edel«, erinnert sich Saymore mit glänzenden Augen, »nur einmal sprang eine Kugel von der Wand ab und erwischte mich am Ohr.« Er zeigt mir die Narbe. »Die Latin Kings wollten, dass ich bei ihnen mitmache, die Latin Scorpions wollten, dass ich bei ihnen mitmache, aber weißt du, diese Bandengeschichten waren nie mein Ding.« Warum Saymore vor vier Jahren deportiert wurde, darüber will er nicht reden. Zurück in Guyana verdiente er in einer Sicherheitsfirma als Wachmann hundert Dollar im Monat – so viel pflegte er in Miami in einer einzigen Diskonacht auszugeben. »Wachschutz ist die einzige Branche, die hier boomt«, meint er resigniert, »wegen der hohen Kriminalität.« Nach einem Streit kündigte man ihm. Rasa Singh nahm ihn auf – damit er nach dem Rechten in ihrem Mietshaus sähe. So bleibt Saymore viel Zeit – zum Träumen und zum Planen. Einen Strich durch den letzten seiner Pläne machte ihm niemand anderes als Katrina. Saymores Mutter hatte schon alles vorbereitet: Sie hatte ihm Geld geschickt und ein Flugticket via Barbados nach Jamaica. Doch als er in Barbados zwischenlandete, ging keine Maschine mehr raus: Hurrikanwarnung! Nach zwei Tagen erst gelangte er nach Kingston. Von hier sollte ein Boot gehen – »backtrack, hinten rum« – in die USA, das gelobte Land. Aber das Boot konnte nicht fahren, Katrinas wegen. Der Sturm ließ sich so lange Zeit, bis Saymore all sein Geld aufgezehrt hatte und den ungeliebten Rückflug anzutreten gezwungen war. Wieder nach Guyana – in jenes unterentwickelte, äußerst spärlich besiedelte Dschungelgebiet von der Größe der Insel Großbritannien, zurück in den Staat, der seit Überwindung der englischen Kolonialzeit um seine nationale Identität ringt und in den 80er Jahren unter dem Autokraten Forbes Burnham international völlig isoliert in tiefster Armut versank. Nach Guyana, mit seinen alltäglichen Spannungen zwischen den beiden großen Volksgruppen, den Afro-Guyanern, Nachfahren ehemaliger Sklaven, und den Indo-Guyanern, deren Ahnen von den Briten nach der Sklavenbefreiung als Kontraktarbeiter aus Indien importiert worden waren, um Plantagenarbeit zu verrichten. In Georgetown herrscht ein rauher Ton. »Nur die Ratten sind fett bei uns. Wer kein Geld hat, muss wenigstens cool sein. Ja, cool sein ist alles«, sagte Taxifahrer Ray Shakespeare heute morgen zu mir, »wer nicht cool ist, überlebt nicht lange. Das Geschäft ist hart, die Jungs, die die Geschäfte machen, sind hart. Wer nicht ab und zu seine Krallen zeigt, wandert besser aus.« Doch wer nur Schatten sieht im doch so sonnigen, tropischen Guyana, das gerade den 40. Jahrestag seiner Unabhängigkeitserklärung beging, der tut dem Land unrecht. Denn hier lagern reiche Schätze: Erdöl, Bauxit, Gold, Diamanten, Edelholzreserven, Wasserkraft. Trotz hoher Arbeitslosigkeit, fortwährender Rückschläge und zeitweilig bürgerkriegsähnlicher Zustände hat sich in den letzten zehn Jahren die Situation deutlich gebessert – und der Trend hält an: Es wird investiert und gebaut, wenn auch mit Geld aus Übersee. Schon nennt mancher das Land »Klein-Amerika«. Wo Mitte der 90er Jahre noch Pferdefuhrwerke dominierten, stehen heute Geländewagen, Taxis und Minibusse im Stau. Neue Wohngebiete werden aus dem Boden gestampft, ebenso wie ein großes Stadion für die anstehende Kricket-Weltmeisterschaft. Jetzt ist das letzte Stück Leber dieser Nacht verzehrt, und Saymore ist zufrieden, kein Phantom mehr, sondern Mensch, rollt sich noch eine Zigarette, schlägt sich auf die Brust und ruft: »Me is de Baby!« Ich bin das Baby, das Große Baby! Mit Baby meint er so viel wie »Boss«. »Weißt du, was das Wichtigste ist im Leben? Dass du dich selbst liebst. Und ich liebe mich am meisten! Ich bin das Baby! Ich!« Er schreit und freut sich. Einer der Mieter im Stelzenhaus klopft gegen die Diele und schimpft über die Ruhestörung. Die Ratten im blauen Garten sind still.